Tom Gerhardt im Interview: „Ich soll der „Buffo“ sein- und den gebe ich sehr gerne.“

von | Apr 3, 2017

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Julia: „Zwischen „Voll normaal“ und der Mallorcasaisoneröffnung liegen nun 20 Jahre. Welche Projekte haben Sie in der Zwischenzeit realisiert, wenn wir Sie eben nicht auf Leinwand oder im TV sehen konnten?“

Tom Gerhardt: „Genau. Vor 20 Jahren kam „Ballermann 6“ in die Kinos, der ein sehr gefeierter, aber auch skandalträchtiger Film war. Der „Ballermann 6-Kult“ war damals eine ruchlose Bewegung, verrückt und vollkommen abgefahren. Der Film war heiß umstritten. Er wurde entweder gehasst oder absolut geliebt. Der deutsche Konsul von Mallorca war außer sich. Eine sehr denkwürdige Auseinandersetzung mit dem Thema also. Ich habe die Drehorte noch alle vor Augen. Wir haben später weitere Filme gemacht, wie beispielsweise „Siegfried“ oder „Die Superbullen“.  In der Sitcom „Hausmeister Krause“ tauchten wiederum Figuren aus den Filmen auf: Der Filmheld „Tommie“ z.B., der in der TV-Serie dann von Axel Stein gespielt wurde oder auch „Hausmeister Krause“, der ja schon in dem Film „Voll normaal“ auftauchte und vorher lange auf der Bühne zu sehen war. Ich habe zahllose Live-Auftritte landauf und landab absolviert. Die Zeit ist vorbeigegangen wie nichts.“

Julia: „Im Theater spielen Sie das komplette Gegenteil von Tommie Krause. Wo spielen Sie und was spielen Sie genau?“

Tom Gerhardt: „ Auf Wunsch des wunderbaren Theaterdirektors René Heinersdorff spiele ich eine Rolle, die – was Wildheit und Unverschämtheit angeht – das genaue Gegenteil von Tommie oder Hausmeister Krause ist.  Ich spiele auf seinen Bühnen in Köln, Düsseldorf, Essen und Bonn einen liebevollen „Trottelterminator“. Er will immer das Gute, aber schafft nur das Schreckliche. Ein wahrer Gutmensch eben. So ist es nun mal: Es gibt Menschen, die immer helfen wollen und dabei legen sie das Leben anderer in Schutt und Asche. Genau das ist Matthias Bommes. Das Stück heißt „Dinner für Spinner“ und folgt dem französischen Original von Francis Veber.“

Julia: „Also eigentlich eine Figur die alles verschlimmbessert?“

Tom Gerhardt: „Verschlimmbessern ist sehr milde ausgedrückt. Wir haben dieses Stück schon ca. 250 Mal aufgeführt und es kam immer blendend an. Man wird dauerhaft zum Lachen gezwungen.  Ja, es ist wohl mein Schicksal, dass die Leute dumme Rollen an mir lieben. Der Womanizer, der Pirat, der romantische Liebhaber etc. das werde ich alles nicht mehr. Die Leute wollen über mich lachen – ich soll der „Buffo“ sein- und den gebe ich sehr gerne.“

Julia: „Kann es sein, dass gerade der Kult um Tommie dazu geführt hat, dass sie solche Rollen bekommen?“

Tom Gerhardt: „Oh ja… und natürlich Hausmeister Krause. Der ist ganz fest in den Köpfen der Leute drin.“

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Tom Gerhardt in Action

Julia: „Inwiefern unterscheidet sich die Arbeit am Set und von dem im Theater?“

Tom Gerhardt: „Das sind zwei unterschiedliche Bereiche. Im Theater spielst du ein Stück durch. Es fängt bei A an und du spielst es durch bis Z. Bei einem Film oder einer Serie drehst du einzelne Mosaiksteinchen. In einer rein organisatorisch bestimmten Reihenfolge drehe ich am selben Tag etwas von Drehbuch-Seite drei, dann wieder von Seite zehn und dann plötzlich von Seite 96. Es kommt darauf an, wo man die nächste Drehgenehmigung bekommt und welche Szenen zusammenpassen oder ob sich es lohnt, mehrere Szenen an einer Stelle zu drehen. Es ist ein Handwerk. Das kann man natürlich immer nett gestalten, aber was fehlt, ist das direkte Feedback. Das hast du nur live auf der Bühne im Theater.“ Dafür kannst du im Film mehr zeigen als auf 20 qm Bühne und  du kannst dir die DVD deines Filmes später ins Regal stellen.

Julia: „Neben dem Theater und Ihren Projekten, hatten sie auch eine kleine Rolle in einem der Erfolgsfilme von „Resident Evil“. Wie kam es dazu? Schließlich waren sie dafür verantwortlich, dass Racoon City abgesperrt wurde…“

Tom Gerhardt: „Ja das ist richtig. Ich habe eine überaus wichtige Rolle als Zombie. Ich kannte den Produzenten Robert Kulzer von Constantin Film. Das ist dieselbe Firma mit der wir auch unsere „Tommie und Mario“- Filme produziert haben. Ich hatte als Tommie auf der Bühne stets den Sketch „Ein Zombie hing am Glockenseil“ gespielt und dieser war sehr beliebt bei den Leuten. So dachte ich: „Zombiefilm, yeah!: Da musst du unbedingt zubeißen, du willst Blut sehen!“ Als ich das Robert sagte, musste er lachen und er hat mir dann eine Rolle als frisch infiziertem Zombie verpasst. Ich beiße einem der Hauptdarsteller so kräftig in die Waden, dass er im Laufe des Filmes sterben muss.“

Julia: „Nochmal zu Tommie: mit Ihrer Kultfigur haben Sie mindestens eine komplette Generation geprägt. Hätten sie gedacht, dass eine von ihnen erschaffene Figur einen solchen nationalen Kultstatus erlangt?“

Tom Gerhardt: „Nein das kann man nicht glauben. Solche Dinge passieren… und in dem Fall ist es passiert. Ich reibe mir oftmals immer noch die Augen, wenn mich Leute auf der Straße ansprechen. Leute, die jünger sind als die Filme selbst und sie können die Dialoge inzwischen schon besser als ich!“

Julia: „Mit dem Kultstatus geraten andere Figuren in den Hintergrund und der Name Tom Gerhardt wird sofort mit Weste und Bommelmütze assoziiert. Möchte man persönlich nicht auch für andere Werke anerkannt werden, als für einen Film von vor 20 Jahren?“

Tom Gerhardt: „Nicht nur Tommie ist eines meiner Kultfiguren. Ich werde auch sehr oft auf Hausmeister Krause angesprochen. Auf „Matthias Bommes“ mehren sich auch die Anfragen, aber das dauert natürlich seine Zeit, da das Theater eine geringere Reichweite als das Fernsehen hat. Es summiert sich aber,  je länger man spielt. Also ich werde mittlerweile auch öfters auf den Trottelterminator angesprochen. Er dreht den berühmten Satz von Mephisto um: “…ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und stets das Chaos schafft…“  Und weil die Leute das so mögen, haben wir nun eine eigene Theatergeschichte um Bommes verfasst. Die hat im November Premiere in Düsseldorf.“